Transalpine Run 2018: Lauftagebuch Etappe 7

08.09.2018: Transalpine Run 2018, Etappe 7, Sarnthein - Brixen © Felgenhauer / xc-run.de

Sarnthein – Brixen

Entfernung 36 km, Höhenmeter im Aufstieg 2.118 Hm, Höhenmeter im Abstieg 2.532 Hm

Die letzte Etappe des GORE-TEX Transalpine Run verspricht nochmals Trails und Höhenwege der Extraklasse. Nach einem 15 km langen Anstieg von Sarntheim wird eine Höhe von 2.000 m erreicht und für die folgenden 15 km nicht mehr unterschritten. Vis a vis zu den Dolomiten-Gipfeln der Langkofel- und Sellagruppe folgt darauf der letzte Downhill des GORE-TEX Transalpine Run 2018 ins Ziel nach Brixen. Dann ist es endlich geschafft – nach insgesamt 257,6 Kilometern Horizontaldistanz, nach 16.446 Höhenmetern im Aufstieg und 16.582 Höhenmetern im Abstieg.

Showdown nach Brixen

Ich habe schlecht geschlafen und bin nervös wie ein kleiner Junge zur Einschulung: Auf dem Papier sieht es gut für uns aus: 15 Minuten Vorsprung und noch 36 Kilometer lauten die nackten Fakten vor der finalen Etappe. Trotzdem: Das Streckenprofil dürfte Lukas uns Sebi liegen und nur ein klitzekleiner Einbruch würde uns von einem Moment auf den anderen zum „Trailrunningdeppen der Nation“ machen. Sechs Tage Leadershirt und in der letzten Etappe abgefangen wäre eine echte Ohrfeige.

Die beiden katapultieren sich aus dem Startblock als würde es kein Morgen geben und kämpfen von Beginn um jeden Zentimeter Boden. Hannes und ich hinterher – in einem Pulsbereich jenseits von Gut und Böse für eine Ultradistanz. „Viel zu schnell“ schießt es mir durch den Kopf und der Vorsprung der Beiden wächst mit jedem Meter Forststraße. Ich beginne zu rechnen: Sie müssten uns auf den ersten 26 Kilometern 30s pro Kilometer abnehmen um den Vorsprung zu egalisieren – vorausgesetzt im 10km langen Downhill nach Brixen sind wir etwa gleich schnell. Nach 19 Kilometern sieht es gut aus: „Höchstens vier Minuten Rückstand“ lauten die Aussagen der Streckenposten. Würde passen. Doch dann passiert es: Am Grat schwinden mir die Kräfte – ich kann, ich will einfach nicht mehr laufen. Die beeindruckende Aussicht auf Langkofel- und Sellagruppe ist mir grad sowas von egal und ich möchte mich einfach nur hinlegen und rasten, rasten, rasten. Hannes treibt mich unbarmherzig vorwärts – schiebt, zieht, schreit, motiviert! Trotzdem, der Atem rasselt, ich befinde mich seit über 30 Minuten im tiefroten Bereich und quäle mich Schritt für Schritt zu einem akzeptablen Tempo. „Acht Minuten Rückstand“ lautet die aktuellste Aussage im finalen 600 Höhenmeter langen Anstieg. Es wird knapp.

In diesem Moment denke ich an meine Frau, die mit beiden Kindern alleine zu Hause sitzt, um mir diesen Traum zu ermöglichen. Ich denke an alle Freunde und Bekannte, die vor dem Live-Ticker sitzen und mitfiebern. Denke an meinen verstorbenen Papa, der wohl unbändig stolz auf meine bisherige Leistung wäre. Und ich denke daran, wie ich in Brixen zusammen mit Hannes das Zielband des Gesamtsiegers in Händen halte. Ich ramme die Stöcke in den Boden – drücke mich mit unbändigem Willen und irgendwo in meinem Körper schlummernden letzten Kräften dem Gipfel entgegen. Endlich geschafft, der letzte Downhill nach Brixen wartet. „Sieben Minuten Rückstand“! Endlich fällt die Anspannung etwas ab. Bergab werden sie uns keine acht Minuten mehr abnehmen – ich glaube wieder fest an den Sieg. Fast 2000 Höhenmeter geht es hinab nach Brixen, wo der rote Teppich, das Zielband und die jubelnde Menge auf uns warten. Geschafft!

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